Marvin Vogel - Tennessee Tech University
Cookeville, Tennessee, USA - 2021
Organisation
Im August 2021 ging es für mich nach Cookeville an die Tennessee Tech University.
Aufgrund der Pandemie entschied ich mich erst spät für das Auslandssemester, was ich niemandem empfehlen kann. Die Organisation rund um Visa und Bafög wurde nämlich ziemlich stressig. So musste ich nach Berlin reisen für das Visa-Gespräch und bekam meinen Reisepass erst knapp eine Woche vor Abflug. Man sollte sich also generell früh, eventuell auch schon vor dem 4. Semester wirklich konkret mit der Überlegung für ein Auslandssemester beschäftigen.
Das Bafög-Amt Hamburg, welches für Auslandssemester in den USA zuständig ist, war trotz Pandemie und (eigentlich) weniger Austauschstudenten ziemlich langsam. Generell muss man die Studiengebühren und Wohnkosten zwar nicht auf einen Schlag bei der Tech zahlen, allerdings fordert das Bafög-Amt, dass man nachweislich bereits mindestens die Kosten bezahlt hat, welche übernommen werden. Auf meinen Antrag Anfang Juli habe ich erst Ende August eine erste Rückmeldung bekommen. Nach Erfüllen der Forderungen bekam ich das Geld allerdings erst auf einen Schlag Ende Oktober. Daher war ich bis dahin relativ eingeschränkt was Reisen und Ausflüge anging.
Zudem entschied ich mich meine Klausuren nicht vorzuziehen und diese online aus Amerika zu absolvieren. Rückblickend stehe ich dem ganzen zwiegespalten gegenüber und bin der Meinung, man hätte wenigstens ein Paar Klausuren bereits in Deutschland schreiben sollen. Von anderen Kommilitonen weiß ich, dass viele Professoren dies auch einem ermöglichen.
Kurse
Die Kursauswahl gestaltete sich für mich zuerst auch schwieriger als gedacht. Viele Kursinhalte waren bereits in meinem Bachelor Technische Informatik abgedeckt. Ich habe aber dennoch 3 interessante Kurse finden können, welche gewisse Gebiete vertieften. Das Positivste ist, dass man lediglich 10 (amerikanische) Creditpoints braucht, damit das Auslandssemester anerkannt wird. Aber Achtung: fürs Visa muss man Vollzeit Student sein und 12 CP sammeln. Diese zwei extra CP, habe ich mit Sportkursen aufgefüllt, welche ich weiterempfehlen würde.
Amy und Andrew aus dem International Office ermöglichten mir in bereits eigentlich volle Kurse trotzdem aufgenommen zu werden und ließen keine Frage unbeantwortet.
Die Kurse in Amerika sind meiner Meinung nach leichter, allerdings trotzdem zeitintensiver. Man kann den Ablauf eher mit Abiturkursen vergleichen. Es gibt Vorlesungen, Übungen, bewertete Hausaufgaben, Tests und 1-2 Zwischenklausuren, wobei die Klausuren teilweise Open-Book sind. Durch die Midterm Klausuren werden aber meist die Themen bis dahin komplett abgeschlossen und fallen für das Final weg.
Die Amerikaner schieben aber trotzdem sehr gerne Panik und lange Lernsessions in der Bibliothek vor den Midterms und Finals.
Ankunft
Angekommen in Nashville habe ich den Greyhound Bus nach Cookeville genommen, was definitiv ein Erlebnis war. Die Busstation liegt in einem unschöneren Viertel Nashvilles und ist ebenso heruntergekommen und unorganisiert. Lieber ein paar Dollar mehr ausgeben und ein Shuttle über die Uni organisieren.
Angekommen am Campus habe ich erstmal Andrew und Amy im Büro getroffen. Die Beiden sind dort unter der Woche antreffbar und stets an deinem Erfolg und deiner Zufriedenheit interessiert.
Amy organisiert für internationale Studenten auch viele Ausflüge und Veranstaltungen auf und abseits des Campus mit Host-Familien, welche sehr an kulturellem Austausch interessiert sind.
Universität und Umgebung
Ebenso wie die meisten internationalen Studenten war ich im Dorm MS Cooper und Pinkerton untergebracht.
Das Zimmer wird sich normalerweise zu zweit geteilt und besteht aus Bett, Schreibtisch, Stuhl, Kommode und einem Einbauschrank. Insgesamt ist es ausreichend, aber die meisten Studenten bringen noch Fernseher, Kühlschrank usw. mit. Die Badezimmer werden sich geteilt und erinnern an Camping-Plätze. Es gibt aber auch Einzelzimmer, auf Wunsch auch mit eigenem Badezimmer.
Im Eingangsbereich gibt es verschiedene Unterhaltungsmöglichkeiten wie Tischtennis, Kicker aber auch Automaten mit Snacks und Getränken. Es gibt auf dem Campus verteilt aber auch kleine Kioske.
Die Cafeteria ist geschmacklich okay, allerdings wiederholen sich die Mahlzeiten sehr häufig. Leider wechselt die Auswahl beim Grill, der Pasta bar und Pizza bar eigentlich nie. Ich war daher froh im Mealplan einen Mealexchange zu haben und somit einmal am Tag bei einem der Fast-Food-Ketten Chick-Fil-A , SteakNShake, Papa Johns oder Which Wich ein (kleines) Menü zu holen. Generell bekommt man mit Meal Plans noch Dining Dollars auf die Karte, mit der man auf dem Campus zahlen kann.
Es gibt neben den Restaurants aber auch Starbucks, ein Café in der Bibliothek und einem Bagel-Shop.
Wie man vielleicht hört ist die Uni relativ groß und nimmt geschätzt die Hälfte Cookevilles ein. Rundherum gibt es zusätzlich noch Essensmöglichkeiten und viele Apartments in denen viele Studenten ab dem 2. Semester leben, weil dies meist deutlich günstiger ist als in den Dorms.
Das moderne Gym bietet neben den modernen Geräten auch eine Fußballarena, eine Basketball Halle, Schwimmbad und Kletterhalle und auch Squash an.
Die Stadt selber bietet nicht viel, ist aber typisch amerikanisch. Es gibt alle Fast-Food-Ketten, Bars, einen Club, ein Kino und natürlich alle Läden wie Walmart, Kroger und sogar einen Aldi, welcher auch ein paar deutsche Artikel im Sortiment hat.
Es gibt zwei Busse welche stündlich durch Cookeville fahren, aber auch ein Shuttle zum Flughafen Nashville. Von dort kann man ziemlich gut überall in den USA fliegen. Dies nutzte ich und besuchte, auch mit anderen Studenten, mehrere Ziele in Amerika.
Die Menschen
Tennessee ist ein typisch amerikanischer Südstaat. Man muss sich an den Slang teilweise gewöhnen aber das ging schnell.
Ich habe wirklich nur nette Menschen kennengelernt, man ist viel offener, Komplimente und Small Talk gehören zur Tagesordnung. Das hat mich zuerst überrumpelt, aber auch inspiriert, diese Offenheit mir selbst anzugewöhnen.
Generell gibt es sehr viele internationale Studenten, welche ihren kompletten Bachelor an der Tech machen auf Grund ihres guten Rufs für Engineering. Ich war tatsächlich der einzige deutsche Austauschstudent. Allerdings wurde mir erzählt, dass das meistens nicht der Fall ist. Es gab allerdings ein paar Deutsche bzw. ursprünglich aus Deutschland kommende Studenten.
Gastfreundschaft wird unglaublich groß geschrieben und ich wurde mehrmals für Wochenend-Trips, Thanksgiving und nach dem Semester von meinen amerikanischen Freunden nach Hause eingeladen.
Mein Fazit
Ich blicke schon jetzt mit starker Sehnsucht zurück. Tennessee Tech fühlt sich für mich teilweise mehr an wie meine Uni als unsere TH. Dies liegt sicherlich daran, dass ich bisher durch COVID nur ein Semester in Präsenz hatte und daher viel mehr Zeit auf dem Campus der Tech verbracht habe als in Deutz.
Auch wenn leider der Football und Basketball nicht so groß war, ist der Frauen-Fußball der Uni relativ erfolgreich. Ebenso das Baseball-Team was ich leider nicht sehen konnte, da die Saison nur im Frühjahr ist.
Wir haben zweimal die Woche in einer großen Gruppe Fußball gespielt, wodurch ich auch viele internationale Studenten kennen lernen konnte und jetzt Verbindungen auf der ganzen Welt verteilt habe.
Generell habe ich heute noch mit Vielen täglichen Kontakt und konnte schon zwei aus Amerika hier in Köln erneut treffen.
August 2022