Tomasz Karbowski, Azad Batê, René Brockmann - Universidade Federal do Ceará

In der Wüste bei Jericoacoara (Bild: Tomasz Karbowski)

Fortaleza, Brasilien - 2008


Ungefähr drei Monate vor Semesterbeginn in Fortaleza wurde uns dreien - Azad Batê, Tomasz Karbowski und René Brockmann - mitgeteilt, dass wir für die drei zur Verfügung stehenden Stipendien ausgewählt wurden. Bei uns allen fiel die Entscheidung, sich für die Stipendien zu bewerben sehr spontan, und genau so überraschend und erfreulich war die positive Nachricht von Herrn Stadler.

Die drei Monate die wir nun Zeit hatten, um alle Formalitäten zu erledigen war sehr knapp. Vor allem das Bafög-Amt macht es einem nicht sehr einfach. Bezieht man während seiner Studienzeit in Deutschland Bafög so wird vom DAAD nur ein Teil des Stipendiums gezahlt, der andere Teil wird in Form von Auslandsbafög ausgezahlt. Dies zu beantragen erfordert jedoch sehr viel Zeit. René und Azad hatten alle diese Formalitäten nur ein paar Tage vor Abflug geschafft, Ich hingegen beziehe kein Bafög, in diesem Fall war eine kurze schriftliche Erklärung an den DAAD ausreichend um das volle Stipendium ausgezahlt zu bekommen.
Das Stipendium umfasst eine Flugpauschale von etwa 1200€ sowie 375€/Monat zum Leben, ebenfalls wurde eine 35€ monatliche Versicherungspauschale gezahlt. Unseren Flug haben wir über die Fluggesellschaften "Condor" und "TAM" gebucht. So flogen wir für ca. 1100€ von Frankfurt nach Recife und von da aus nach kurzem Aufenthalt direkt nach Fortaleza.

In Fortaleza wurden wir bereits von einer Gruppe brasilianischer Studenten erwartet. Einige von ihnen kannten wir bereits durch vorherigen Email- Kontakt. Mit ihnen fuhren wir dann auch direkt zu unseren Unterkünften, die schon vorher von Prof. Fernando Antunes, dem dort für uns und für das Programm zuständigen Professor, organisiert wurden. Es handelte sich um ein Haus, das von einer äußerst freundlichen und älteren Dame namens Donna Aurelia verwaltet wurde. Das Haus hat acht Zimmer, ich teilte mir mein Zimmer für den gesamten Aufenthalt mit Azad. So lebten wir drei Deutschen noch zusammen mit sechs anderen Personen in diesem Haus: mit zwei niederländischen Sportstudenten, die in einer Favela ihr Anerkennungsjahr absolvierten, sowie mit vier Brasilianern, die ebenfalls in Fortaleza studierten. Von unseren Mitbewohnern sowie unseren Kommilitonen erhielten wir am Anfang unglaublich viel Hilfe beim Erledigen der dortigen Formalitäten sowie der alltäglichen Dinge. Ohne die Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit wäre es uns wohl nie so einfach gefallen, dort so schnell Fuß zu fassen.

Die Universität in Fortaleza (Universidade Federal do Ceará), die ich mit UFC abkürzen werde, lag etwa 15min Busfahrt von unserem Haus entfernt. Wir besuchten drei Vorlesungen an dieser Universität, was in etwa 60% der Studienleistung in Deutschland entspricht. Die Vorlesungen waren allesamt in Portugiesisch und in den ersten Wochen nur schwer für uns zu verstehen, da wir lediglich die grundlegenden Redewendungen in dieser Sprache kannten, was an der Universität bis auf die Vorlesungen keine all zu großen Schwierigkeiten bereitete, da die meisten Studenten Englisch sprachen. Durch privaten Sprachunterricht, den wir zweimal pro Woche hatten, sowie ständigen Kontakt zu der Sprache konnten wir bereits nach einem Monat so gut wie alles verstehen und uns auch etwas mit den Leuten dort in ihrer Sprache unterhalten. Bei unserem Abflug nach fünf Monaten beherrschten wir die Sprache bereits so gut, dass sie uns kaum noch Schwierigkeiten bereitete.

Das Niveau der Vorlesungen sowie der Aufwand den man für die Lehrveranstaltungen investieren muss sind nicht zu unterschätzen. Ich musste noch nach den Vorlesungen einen großen Teil meiner Zeit für Hausarbeiten und Vorbereiten von Präsentationen investieren. Außerdem werden in Brasilien zwei Prüfungen pro Semester geschrieben aus denen die Endnote gebildet wird. Dadurch blieb uns meistens nur etwa ein Tag in der Woche Zeit, um mal an den dortigen Strand zu fahren und komplett zu entspannen.

Die Fahrt zum Strand mit dem Bus dauerte etwa eine Stunde und wer einmal in Brasilien mit dem Bus gefahren ist, weiß dass das ein Abenteuer sein kann. Der Strand von Fortaleza ist wirklich wunderschön und kommt einem zuerst wie eine andere Welt vor, die nicht ganz in die Stadt passen will. Am Strand geht es schon sehr europäisch zu, was vor allem an der großen Zahl italienischer Touristen liegen mag. Durch die äquatornahe Lage bietet Fortaleza das ganze Jahr durchgängig Temperaturen um 30°C. Bis auf die Regenzeit von Februar bis April, wo die Temperaturen ebenfalls nicht unter 30°C fallen sollen, scheint dort ständig die Sonne. Mindestens Lichtschutzfaktor 30 und nur kurzzeitige Aufenthalte in der Sonne konnten meine helle Haut vor Sonnenbrand schützen.

Natürlich haben wir auch kleinere Reisen, während einer kurzen vorlesungsfreien Zeit im November unternommen. So ist mir besonders die Wüstenstadt Jericoacoara in Erinnerung geblieben, sie liegt etwa 300 Kilometer nördlich von Fortaleza und ist durch ihre Lage fast komplett von dem Rest der Welt abgetrennt. Es gibt keine Asphaltstraße die dort hinführt, wir mussten die letzten 40 Kilometer mit einem Spezialbus durch die Wüste zurücklegen. Die beschwerliche Reise hat sich aber auf jeden Fall gelohnt. Dünen, kristallklares Süßwasser und ein unglaubliches Stadtbild machen diesen Ort unvergesslich. Um genug von dieser Pracht zu sehen empfiehlt es sich, Touren mit Strandbougies zu buchen, denn nur so bekommt man noch weitere Plätze außerhalb der Ortschaft zu sehen.

Im Dezember habe ich mich dann von Azad und René getrennt. Die Zwei sind noch mit dem Bus aus Fortaleza nach Rio de Janeiro gefahren während ich mich aus gesundheitlichen Gründen für meinen Rückflug bereit machte.

Abschließend kann ich nur sagen, es war ein unglaublich erfolgreiches und spannendes Semester. Wir haben alle Prüfungen bestanden, sprechen nun eine Sprache mehr und haben in fünf Monaten mehr erlebt als man es in einigen Jahren schaffen könnte.
Solltet ihr noch Fragen zu unserem Aufenthalt haben, so könnt ihr mich gerne anschreiben: tomasz.karbowski (-at-) gmx.de

Voller Neid wünsche ich allen Studenten, die das Glück wie wir haben werden, eine schöne Zeit in Fortaleza.

Tomasz Karbowski

Februar 2015


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