Forschungsprojekt TIFL
Tieffrequente Immissionen im Freizeitlärm (TIFL)
Für das Publikum einer Veranstaltung ist es Kunst. Für die im Einwirkungsbereich einer Veranstaltung lebenden Menschen ist es Lärm. Open-Air-Festivals und die damit einhergehende Nutzung von Beschallungsanlagen auf Freiluftveranstaltungen sind Bestandteil der Gesellschaft und des kulturellen Lebens geworden. Die dabei entstehenden Geräuschemissionen haben heutzutage meist hohe Energieanteile im tieffrequenten Bereich, da moderne Beschallungsanlagen nach aktuellem Stand der Technik in der Lage sind, tiefe Frequenzen mit hohen Energieanteilen wiederzugeben. Zudem handelt es sich hierbei um Emissionen, bei denen Veranstaltungsbesucher eine bestimmte spektrale Zusammensetzung mit Signalanteilen im tieffrequenten Bereich erwarten, die von Anwohnern im Einwirkbereich wiederum als lästig wahrgenommen werden. Wegweisende Studien der vergangenen Jahre zeigen, dass besonders die Geräusche, die hohe Signalanteile im tieffrequenten Bereich aufweisen, von Betroffenen als bedrohlich und belästigend beschrieben worden.
Daher wird an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) in Kooperation mit der Technischen Hochschule Köln (THK) und dem Industriepartner Kramer Schalltechnik ein umfangreiches Forschungsprojekt zu tieffrequenten Immissionen im Freizeitlärm (kurz: TIFL) durchgeführt. Das Vorhaben befasst sich mit der Problematik tieffrequenter Lärmimmissionen bei Veranstaltungen. Das aktuell in Deutschland anzuwendende allgemeine Verfahren nach DIN 45680 wurde speziell für den Gewerbe- und Industrielärm konzipiert und ist für die Situation im Freizeitlärm aus verschiedenen Gründen unpassend. Dies führt zu äußerst schwerwiegenden Problemen in der Praxis. Das Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines neuen spezifischen und praktikablen Mess- und Beurteilungsverfahrens für den Freizeitlärm, welches der Normung zugeführt werden soll und so im Idealfall zukünftig flächendeckend bei Veranstaltungen in Deutschland als Genehmigungs-, Mess- und Beurteilungsgrundlage eingesetzt werden kann.
Das TIFL Projekt verfolgt dabei zwei entscheidende Ansätze:
Auf der einen Seite konzentriert sich die THM in enger Zusammenarbeit mit Kramer Schalltechnik auf die Entwicklung und Durchführung neuer Messverfahren im Veranstaltungsbereich sowie die Erhebung verschiedener unerlässlicher wissenschaftlicher Daten. Zur Ableitung statistischer Kenngrößen sollen umfangreiche Immissionsmessungen, vorzugsweise in Außenbereichen bei Veranstaltungen durchgeführt und Ratings von schalltechnischen Sachverständigen erhoben werden. Zudem müssen Fassadendämmwerte im tieffrequenten Bereich erfasst werden. Die notwendigen Mess- und Auswerteroutinen sollen in ein beim Industriepartner entwickeltes verteiltes Messsystem für die Echtzeitüberwachung der Immissionssituation bei Veranstaltungen implementiert werden.
Auf der anderen Seite befasst sich die THK mit psychoakustischen Experimenten mit für den Freizeitlärm typischen Stimuli und Konstellationen. Dafür werden geeignete Hörversuchsumgebungen für eine perzeptive Evaluation durch ProbandInnen entwickelt und aufgebaut. Hier sollen die spezifischen subjektiven Eigenschaften von Immissionen im Freizeitlärm, speziell die Wahrnehmbarkeit, Lautheit und Lästigkeit erforscht und offene Fragen geklärt werden, wobei die Störwirkung im Zentrum der Untersuchungen steht. Darüber hinaus soll im Rahmen des geplanten kooperativen Projekts ein auditorisches Modell entwickelt werden.
Die mit dem Projekt verbundene Forschung und die zu erwartenden Ergebnisse sind von hoher gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Relevanz, da sie zum einen dem Gesundheitserhalt der Bevölkerung dienen und andererseits die Veranstaltungsbranche mit 1,5 Millionen Beschäftigten und sechstgrößte Wirtschaftsbranche Deutschlands mit der Schaffung einer dringend benötigten verbindlichen Grundlage für eine regelkonforme Durchführbarkeit von Veranstaltungen absichert.
Auf einen Blick
Kategorie | Beschreibung |
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Forschungsprojekt | TIFL - Tieffrequente Immissionen im Freizeitlärm |
Leitung | Prof. Dr.-Ing Christoph Pörschmann |
Fakultät | Fakultät für Informations-, Medien- und Elektrotechnik |
Institut | Institute for Computer and Communication Technology |
Beteiligte | Christoph Pörschmann, Hendrik Himmelein, Benjamin Bernschütz, Lukas Roskosch |
Projektpartner |
Technische Hochschule Mittelhessen Kramer Schalltechnik |
Fördermittelgeber | Bundesministerium für Bildung und Forschung |
Laufzeit | 1.9.2022 – 31.3.2027 |