Biosorp-it! Mooswände zur Verbesserung der Raumluftgüte
Moosbasierte Biohybridfilter stellen eine energiesparende und natürliche Alternative zu technischen Raumluftfiltern dar. Sie filtern selektiv Schadstoffe aus Raumluft und tragen zu einem gesunden Mikrobiom im Innenraum bei.

Der Einsatz botanischer Filtersysteme zur technischen Nutzung im Gebäude ist derzeit nicht hinreichend untersucht. Am GreenING Lab arbeiten wir an neuen, gesundheitsfördernden Produkt- und Prozesslösungen.
Obwohl wir 90% unserer Lebenszeit im Gebäude verbringen[1], sind sich wenige Raumnutzer oder Gebäudebetreiber über die Zusammensetzung der Raumluft und dessen Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden bewusst[2]. Die Innenraumluft kann auf vielfältige Weise belastet sein und gesundheitsgefährdend wirken: Von Feinstaub und Pollen über Schadstoffe aus Lacken und Klebern bis hin zu Erregern wie Corona-Viren. Vor allem für Allergiker oder Personen mit Atemwegsproblemen stellt eine belastete Raumluft ein Gesundheitsrisiko dar. Technische Filtersysteme sind in der Lage einen Teil Schadstoffe zu entfernen. Ihr Betrieb ist jedoch energie- und wartungsaufwändig, birgt Hygienerisiken und kann das Mikrobiom eines Gebäudes negativ beeinflussen[3]. Anstelle von HEPA-Filtern und Aktivkohle sind auch Verfahren der botanischen Filtration am Markt vertreten, die mithilfe lebender Pflanzen die Luft von Schadstoffen befreien. Pflanzen sind natürliche Adsorber und können Partikel an ihre Zellstruktur binden, ohne Schaden zu nehmen. In einem Laborversuch wurde beispielsweise gezeigt, dass das Moos Funaria hygrometrica bis zu 74% seiner Trockenmasse an Blei akkumulieren kann (u. a. eines der radioaktiven Zerfallprodukte von Radon)[4].
Inwieweit botanische und insbesondere moosbasierte Raumluftfilter eine Alternative zu den technischen Lösungen sein könnten, untersuchte Wissenschaftler*innen im Rahmen des Projektes „Biosorp-it!“ am GreenING Lab von Prof. Nina Kloster und sondierten zunächst den Markt für botanische und technische Luftfilter mithilfe von qualitativen Umfragen und Interviews, um anschließend ein Konzept für einen moosbasierten Raumluftfilter zu entwickeln. Die Marktrecherche umfasst Hersteller, die Produkte für Endkunden und Firmen anbieten, sowie Dienstleister, die mithilfe von Schadstoffmessungen die Gesundheitsrisiken und den Komfort von Gebäuden bewerten. Weiterhin wurden mögliche Kundengruppen und ihre Bedürfnisse identifiziert. Mithilfe einer Patent- und Designrecherche wurden mögliche Optionen für eine Patentanmeldung erschlossen.
Parallel wurden in Laborversuchen geeignete Organismen für die Adsorption und Absorption von Schadstoffen (z. B. Radon) identifiziert und eine „Forschungsroadmap“ erarbeitet. Die Literatur zeigt, dass in der Natur gesammeltes Moos eine sehr große Variabilität aufweist. Das Verhalten von in-vitro-Kulturen stand im Fokus des Projekts. Final wurde ein Produktkonzept entwickelt, welches die Vitalität der luftfilternden Moose sowie die Produktions- und Wartungsanforderungen gewährleisten soll.
Am GreenING Lab arbeiten wir auch weiterhin an diesen und anderen interessanten Fragestellungen. Im Rahmen des Projektes GI-Lab beschäftigen wir uns zum Beispiel mit dem Monitoring und der Digitalisierung botanischer Infrastrukturen.
[1] N. E. Klepeis et al., “The National Human Activity Pattern Survey (NHAPS): a resource for assessing exposure to environmental pollutants,” Journal of exposure analysis and environmental epidemiology, vol. 11, no. 3, pp. 231–252, 2001, doi: 10.1038/sj.jea.7500165.
[2] S. Saksena, “Public Perceptions of Urban Air Pollution Risks,” Risk, Hazards & Crisis in Public Policy, vol. 2, no. 1, pp. 19–37, 2011, doi: 10.2202/1944-4079.1075.
[3] A. Luengas, A. Barona, C. Hort, G. Gallastegui, V. Platel, and A. Elias, “A review of indoor air treatment technologies,” Rev Environ Sci Biotechnol, vol. 14, no. 3, pp. 499–522, 2015, doi: 10.1007/s11157-015-9363-9.
[4] M. Itouga et al., “Protonema of the moss Funaria hygrometrica can function as a lead (Pb) adsorbent,” PloS one, vol. 12, no. 12, e0189726, 2017, doi: 10.1371/journal.pone.0189726.